Am 28. Juli 1895 war ganz Wittnau in Feststimmung. Mit Mörserschüssen und Beflaggung feierte das Dorf "unsern Lehrerjubilar", den Unterlehrer Franz Josef Herzog, der sein 50. Arbeitsjubiläum begehen konnte. Als 21-Jähriger hatte er 1845 seine Stelle an der Unterschule angetreten.
Zu den Festivitäten gehörten Vorträge der Musikgesellschaft und des Gesangsvereins. Geladene Gäste überbrachten dem Jubilar Geschenke und hielten Ansprachen.
Für die Schülerinnen und Schüler war das alles wohl nicht sonderlich interessant. Aber "damit auch die liebe Schuljugend gebührenden Antheil an der Jubelfeier und ihre gute Erinnerung daran habe", wurde Anfang September noch ein Jugendfest abgehalten. Als Geschenk von der Familie des Jubilaren erhielt die Schule eine seidene Schülerfahne.
Das Jubiläum bedeutete für den Lehrer Franz Josef Herzog nicht das Ende seiner Lehrtätigkeit. Erst im Juni 1904, im Alter von 80 Jahren und nach 59 Dienstjahren, reichte er bei der Schulpflege seine Demission ein. Kurz darauf verstarb er und wurde am Neujahrstag 1905 zu Grabe getragen.
59 Jahre lang Lehrer in Wittnau! Aus heutiger Sicht völlig undenkbar! Natürlich gibt es einen plausiblen Grund für diese lange Treue: Anfang des 20. Jahrhunderts gab es weder AHV noch Pensionskasse. Die Aargauische Pensionskasse wurde 1908 gegründet und erst im Januar 1948 zahlte die AHV eine Altersrente aus.
Sicher nicht aus purer Freude am Lehrerberuf arbeitete F. J. Herzog bis ins hohe Alter. Er war schlicht angewiesen auf seinen Lohn, um damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.