Wer hätte das gedacht, dass wir im 21. Jahrhundert einmal eine Pandemie erleben müssen, die Tausende von Menschen dahinrafft und weite Teile der Weltwirtschaft zum Erliegen bringt?
Vielleicht mit einer gewissen Überheblichkeit blicken wir modernen Menschen auf vergangene Zeiten zurück, wenn wir an die Pest im Mittelalter und der frühen Neuzeit denken, denn es ist uns heute klar, dass die Übertragung der Krankheit damals nur möglich war, weil die schlechten hygienischen Verhältnisse dies zuliessen.
Die Pest - ursprünglich eine Bakterien-Erkrankung von Nagetieren - wurde durch Flöhen auf die Menschen übertragen. Dies löste die Beulenpest aus, welche in den meisten Fällen tödlich ausging. Weniger häufig aber nicht minder gefährlich war die Lungenpest, eine durch Tröpfcheninfektion ausgelöste Form der gleichen Krankheit.
Auch vor dem Dorf Wittnau machte der Pest-Erreger nicht Halt. Wir müssen annehmen, dass unsere Gemeinde von den grossen Pestzügen in den Jahren 1348 und 1564 erfasst wurde. Europaweit starb da jeweils zwischen einem Viertel und der Hälfte der ganzen Bevölkerung. Aus Wittnau ist davon nichts schriftlich überliefert.
Über die Pest-Epidemie von 1611 hingegen kann uns das Totenbuch der Pfarrei Wittnau Auskunft geben. Allein in der Zeit von Dezember 1609 bis Januar 1611 starben in der Gemeinde 48 erwachsene Personen. Rechnen wir noch die Kinder dazu, die von der Krankheit dahingerafft wurden, müssen es wohl 70 - 80 oder mehr Menschenleben sein, die die Pest innert weniger Monate kostete.
Quellen: - Pfarrarchiv Wittnau: Kirchenbuch KI 09 Wittnau (Ehe- und Totenregister ab 1585)
- Roger Seiler: «Pest», in: Historisches Lexikon der Schweiz; online: https://hls-dhs-dss.ch
Namen der Wittnauerinnen und Wittnauer, die zwischen 4. Dez. 1610 und 2. Jan. 1612 starben:
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4. Dez. 1610 |
Adelheid .... und |
8. Dez. 1610 |
Heinrich Speiser |
5. Dez. 1610 |
Heinrich Gaß |
7. Dez. 1610 |
Barbara Fiegysen |
20. Dez. 1610 |
Elizabetha Sibenmannin |
27. Dez. 1610 |
Barbara Kramerin vidua |
20. Jan. 1611 |
Fridolin Leuwer |
2. Febr. 1611 |
Margaretha Götzschin |
26. Juni 1611 |
Anna Bůsinger |
28. Juli 1611 |
Johannes Bůsinger |
29. Juli 1611 |
Anna Dreyerin |
6. Aug. 1611 |
Johannes Lewer |
15. Aug. 1611 |
Heinrich Meyer |
16. Aug. 1611 |
Verena Meyerin virgo |
21. Aug. 1611 |
Elizabetha Hertzogin |
11. Sept. 1611 |
Martin Frickher |
13. Sept. 1611 |
Johannes Schaub |
26. Sept. 1611 |
Rudolph Hort |
27. Sept. 1611 |
Catharina Rüetschin |
29. Sept. 1611 |
Johannes Keser |
29. Sept. 1611 |
Elizabetha Ehrni [?] |
29. Sept. 1611 |
Thomas Hirzel |
1. Okt. 1611 |
Martin Herzog |
6. Okt. 1611 |
Heinrich Müller |
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7. Okt. 1611 |
Jacob Schaub |
8. Okt. 1611 |
Barbara Schaub |
9. Okt. 1611 |
Christina Rüetschin |
15. Okt. 1611 |
Anna Baderin |
16. Okt. 1611 |
Verena Leübe |
16. Okt. 1611 |
Ulrich Graber |
16. Okt. 1611 |
Fridolin Meyer |
26. Okt. 1611 |
Mathias Lenze |
27. Okt. 1611 |
Johannes Mertz |
27. Okt. 1611 |
Catharina Bürlin |
2. Nov. 1611 |
Peter Frickher |
3. Nov. 1611 |
Johann Heinrich Bader |
3. Nov. 1611 |
Verena Gaß vidua |
6. Nov. 1611 |
Ulrich Frickher |
9. Nov. 1611 |
Maria Graberin |
16. Nov. 1611 |
Anna Spiserin |
17. Nov. 1611 |
Maria Eickherin |
20. Nov. 1611 |
Fridolin Schaub |
26. Nov. 1611 |
Adam Kop |
1. Dez. 1611 |
Margaretha Broglin |
18. Dez. 1611 |
Verena Broglin |
24. Dez. 1611 |
Barbara Lewer |
1. Jan. 1612 |
Heinrich Spyser |
2. Jan. 1612 |
Ursula Oberin |
Aus der zeitlichen Distanz können wir kaum erahnen, welches Elend die ansteckende Krankheit in Dörfern und Städten einst anrichtete: Trauer um verstorbene Freunde und Verwandte, wirtschaftlicher Ruin betroffener Familien und düstere Aussichten für Kinder, die ihre Eltern verloren.
Über 400 Jahre später, im Frühling 2020, wurden Themen wie Ansteckung und Hygiene plötzlich wieder hochaktuell: Die Ausbreitung der Covid-19-Viren schreckte die Öffentlichkeit auf. Corona und die Massnahmen zur Eindämmung der Krankheit führten zu einer grossen Versunsicherung.
Wir alle wurden uns bewusst, dass Gesundheit nichts Selbstverständliches ist.