Anfänglich war der Motoklub eine Untersektion des Wittnauer Veloclubs, entstanden kurz nach dem 2. Weltkrieg. 1952 spaltete er sich ab und wurde zu einem eigenständigen Verein.
Man beschloss Touren zu organisieren um Land und Leute besser kennenzulernen.
Die Teilnahme an mindestens einer Ausfahrt pro Jahr wurde als obligatorisch erklärt.
Längere Touren mit den alten Töffs hatten manchmal ihre Tücken. Die Club-Mitglieder fuhren mit Motorrädern, denen wir heute fast nur noch im Museum begegnen: Condor, Zehnder, Jawa, Sarolea, Standard, Moser oder Motosacoche. Wenn ab und zu eine Notreparatur nötig wurde, war stets der Allrounder „Chüefer-Gusti“ (August Hochreuter) zur Stelle. An seiner Motosacoche hatte er immer zwei Ledertaschen angehängt mit Werkzeug, Drähten, Flickzeug, Dichtmaterial und Öl. Als auf einer Fahrt über den Klausenpass der Töff von Max Schmid streikte, baute Gusti kurzerhand den Zylinderkopf und die beiden Ventile aus, reinigte alles mit Einschleifpaste, montierte die Teile wieder fachgerecht und nach knapp einer Stunde konnte die Fahrt weitergehen.
An der 2. Vereins-GV wurde beschlossen, der Tourenleiter dürfe nicht schneller als mit 60 km/h vorausfahren. So wollte man Reparaturen vorbeugen, denn einige Töffs liefen nicht so schnell. Die Einschränkung wurde aber recht bald wieder aufgehoben.
vlnr.: Werner Hochreuter (s Marxe); August Hochreuter (Chüefer-Gusti); Ruedi Brogle (Sohn von „Johns“); Siegfried Wartler (-Beck); Edwin Fricker-Liechti ; Max Walde (Väldi-Max); Josef Baumann („Bume Sepp“; Briefträger)
Mit dem Motorrad-Boom der 50er-Jahre erlebe der Moto-Club grossen Aufschwung. Bald einmal zählte der Verein über 100 Mitglieder aus Wittnau und den umliegenden Gemeinden. Wer sich besonders aktiv am Clubgeschehen beteiligen wollte, hatte dazu reichlich Gelegenheit: Blumencorsos waren sehr beliebt und die Wittnauer waren damit besonders erfolgreich. Mit viel Kreativität und noch mehr Arbeitsstunden dekorierte man seine Fahrzeuge und beteilgte sich damit an den Blumenparaden.
In manchem Wittnauer Garten wurden extra für die Corsos besonders viele bunte Blumen herangezogen, hauptsächlich Tagetes und Dahlien. Der riesige Aufwand wurde fast immer mit einem ersten Rang belohnt.
Einmal – 1955 – organisierte der Motoclub auch in Wittnau ein Korsofahren und errang hier ebenfalls den Sieg.
Schneewittchen und die sieben
Zwerge an einem Blumencorso
in den 1950er-Jahren.
In den 1960er-Jahren konnten sich immer mehr Wittnauer ein Auto leisten. Im Dorf begegnete man nun Fahrzeugen der Marken DKW, IFA, FORD-Prefekt oder RENAULT-Heck. Damit auch die Autofahrer gleichberechtigt an den regelmässigen Ausfahrten teilnehmen konnten, beschloss der Verein 1966 eine Namensänderung. Er nannte sich nun «Auto-Moto-Club Wittnau und Umgebung».
Eines der ersten Autos von Wittnau
war der IFA F9 von Max Brogle,
hier beim Corso in Emmenbrücke.
Nebst den Ausfahrten durch die ganze Schweiz und ins benachbarte Ausland wurde im AMC besonders das Geschicklichkeitsfahren gross geschrieben. Herausragender Könner dieser Disziplin war Hugo Brogli, der langjährige Clubpräsident. In den Jahren 1968 und 1969 wurde er Aargauermeister, 1969 gar Schweizermeister. Auch an internationalen Wettbewerben nahm er teil.
Ein wichtiger Teil des Vereinslebens war, ausser dem Motorsport, immer auch die Geselligkeit. In mehr oder weniger regelmässigen Abständen organisierte der AMC Kegelabende, Maibummel, Herbstwanderungen, Chlausfeiern, Lottomatchs, Bockabende, Spielnachmittage mit Grillplausch oder Fondueabende in der Waldhütte. Besonders beliebt waren die mehrtägigen Clubreisen, für deren perfekte Organisation während Jahren Hugo und Rosmary Brogli verantwortlich zeichneten.
Für zwei, drei oder vier Tagen konnten die Mitglieder unbekannte Regionen bereisen und bleibende Erinnerungen mit nach Hause nehmen. Mit Gleichgesinnten unterwegs zu sein und ein paar lustige Tage zu verbringen war vielen ein Bedürfnis.
Doch die Zeiten ändern sich. In den letzten Jahren musste der AMC mehr und mehr spüren, dass seine Anlässe nicht länger so grossen Anklang fanden wie einst. Viele Individualisten von heute sind nicht mehr darauf erpicht in einer Gruppe zu reisen. Jeder will seine Freizeit ganz nach seinem eigenen Gusto gestalten, an Angeboten dazu fehlt es nicht. Zudem wurde es auch immer schwieriger Menschen zu finden, denen es Freude macht das Vereinsschifflein zu lenken und regelmässig Anlässe zu organisieren.
Die logische Konsequenz war schlussendlich die Vereinsauflösung, welche anlässliche einer ausserordentlichen GV am 16. November 2018 vollzogen wurde.
Für die alt eingefleischten Mitglieder des Auto-Moto-Clubs muss dies zwar ein schmerzlicher Moment gewesen sein. Die guten Erinnerungen an interessante Reise und gesellige Zusammenkünfte werden aber noch lange bleiben.
Quelle:
Hugo Brogli: „Rückblick auf 60 Jahre Clubgeschichte“,
zusammengestellt für die 60. GV des AMC Wittnau und Umgebung am 28.01.2012